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DİE TSCHERKESSEN İN DER ZEİT
MEMLUKEN İN
EGYPTEN

Prof. Dr. Marcel Erdal
J. W. Goethe-Universitat Frankfurt/M,   09. 06. 2004, 18:00, Turm-AfE 2702

                         
 
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Verehrter Kollegen, lieber Freunde,

İch möchte in diesem Vortrag von einer der spannendsten und vielleicht auch sonderbarsten Strukturen der Geschichte sprechen, an der die Tscherkessen teilgehabt und glorreiche Kapital geschrieben haben. Erste geht um die tscherkessische Periode des mamlukischen Reiches, das mehrere Jahrhunderte  hindurch in Ägypten in Syrien und in Palästina regierte. Wie kam es  wohl dazu, dass eine tscherkessische Elite im vierzehnten und im fünfzehnten Jahrhundert über diese arabische Gebiete absolute Macht ausübte? Das wollen wir hier versuchen, kurz zu erzählen.

Der nord-westliche Kaukasus, in dem das tscherkessische Volk seit Ur-Zeiten wohnte, wurde im frühen dreizehnten Jahrhundert von den mongolischen Horden überrannt. Das mongolische Reich, das alles zwischen Peking und Polen und zwischen Sibirien und dem Persischen Golf umfasste, zerfiel kurz nach dem Tod von Dschingis Khan in mehrere Teil-Staaten. Im gesamten ost-europäischen Raum, in West-Sibirien und im heutigen West-Kasachstan und insgesamt nördlich des Kaukasus entstand dann das Reich der Goldenen Horde; südlich des Kaukasus, im Iran und in Ostanatolien dagegen das damit verfeindete Reich der Il-Chane. Ebenfalls verfeindet mit den Ilchaniden, aber verbündet mit der Goldenen Horde, war dagegen mamlukischen Staat, der sich im gesamten Osten des Mittelländischen Meeres zwischen Südost-Anatolien und Ägypten etabliert hatte.

Mamluk heißt  auf Arabisch ’Sklave’; im Orient gab es  bis spät in die osmanische Zeit hinein Sklaven-Handel. Die Ayyubiden-Dynastie, die in Ägypten regierte, bildete einen großen teil ihres Heeres durch Import nicht-muslimischer Jungen, wie auch die Abbasiden mit Hauptstadt in Baghdad ihr Heer seit dem neunten Jahrhundert hauptsächlich aus nicht-muslimischen Türken aus Zentral-Asien, und die Osmanen in viel späterer Zeit ihre Elite-Einheiten aus Kindern aus balkanischen Familien bildeten. Muslime durften  im Prinzip nicht als Sklaven gehandelt werden. Nach Ägypten gelangten Sklaven vieler Völker, z.B. Mongolen und Chinesen, Griechen und Russen, Armenier und Osseten, Lasen und Abaza. Die zwei größten Sklaven-Gruppen waren die Mitglieder von türkisch-kiptschakischen Völkern aus Ukraine aus dem heutigen Süd-Russland oder dem Nord-Kaukasus, und die Tscherkessen. Die harten und primitiven Bedingungen, unter denen diese Völker lebten, ihr Heidentum, ihre körperliche Eignung, ihre Treue und ihr Zielbewusstsein machten angeblich Türken und Tscherkessen zu den gefragtesten Soldaten.

Die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen im Raum zwischen der Ukraine und dem Kaukasus waren zu dieser Zeit derart, das die Familien oft ihre eigenen Kinder abgaben, sowohl an Stelle von Steuern als auch weil sie sie selbst nicht ernähren konnten. Die Mongolen benutzten ihre Feldzüge hauptsächlich für das Eintreiben von Sklaven; auch sonst fanden sehr oft Entführungen zwischen den ethnischen Gruppen statt, weil die Sklaven große Summen eingebrachten. Das Leben von Mamluk-Sklaven wurde im Nahen Osten oft viel besser als in ihrem rückständischen Heimatland, denn die islamische war zu jener Zeit die fortschrittlichste Gesellschaft der Welt. Sie gelangten, nachdem sie zu Muslimen erzogen wurden, in Kasernen, in denen sie auf äußerst spartanische Weise zu Elite-Soldaten erzogen wurden. Die meisten Mamluken wurden zu einem gewissen Zeitpunkt freigelassen, und die begabtesten unter ihnen konnten zu den höchsten Posten im Reich gelangten; Mamluke zu werden konnte also eine sehr große Chance sein.

Türkische Militärsklaven wurden nicht nur durch die  Ayyubiden nach Ägypten und die Abbasiden in den Irak geholt; es gab sie auch in großen Zahlen bei den Samaniden in Özbekistan, Afghanistan und Ost-Iran und bei den Guriden in Nord-Indien. In diesen beiden Staaten ergriffen nun die zentralasiatischen Türken die Macht; so entstand um das Jahr 1000 der von einer türkischen Elite regierte Staat der Ghasnaviden und um 1200 das Sultanat der sognannten Sklaven-Könige von Delhi. In Ägypten wurden zwischen 1250 und 1260 die Mamluken dadurch besonders stark, dass sie zuerst die christlichen Kreuzzügler, dann die schamanistischen Mongolen des Ilchaniden-Reiches schlugen und dadurch die gesamte islamische Welt retteten. Wie in den zwei oben erwähnten Staaten kamen auf diese Weise auch die nach Ägypten importierten Sklaven an die Macht.

Die ägyptischen Mamluken waren eine Elite, die sich nur mit kämpferischen Dingen befasste und sich nicht mit der Lokalbevölkerung mischte; immer neue Mamluken wurden aus der südosteuropäischen Steppe herbeigeholt und es wurden auch keine arabischen Frauen geheiratet.

Das mamlukischen Heer war nach ethnischer Zugehörigkeit in verschiedenen Kasernen organisiert; die kiptschakischen Türken gehörten zum Regiment der Bahriyya, die Tscherkessen zum Regiment der Burciyya, das um 1280 vom Sultan Kala’un gegründet wurde. In den ersten 130 Jahren des Staates, genau die Hälfte der mamlukischen Herrschaft, war die kiptschakisch-türkische Faktion an der Macht. Die verschiedenen Regimente konkurrierenden nämlich untereinander. Die Tscherkessen waren von den anderen Mamluken sehr gefürchtet, weil sie angeblich ambitiös waren und zur Gewalt neigten.

Die Konkurrenz endete zu Gunsten der Tscherkessen, als im Jahre 1382 der tscherkessische Sultan Barkuk die Herrschaft erlangte und 17 Jahre lang regierte. Der Kauf kiptschakischer Sklaven hatte zu dieser Zeit sowieso schon abgenommen, da die meisten kiptschakischen Türken schon zum Islam übergetreten waren; auch zerfiel zu dieser Zeit das Reich der Goldenen Horde, das dadurch zu einer weniger verlässliche Quelle für die Belieferung von Sklaven wurde. Nun wurden nur noch tscherkessische Mamlukenreich erkauft, wodurch diese Elite noch weiter gestärkt wurde. Die Tscherkessen waren untereinander sehr solidarisch und vergaben alle Ämter an Mitglieder ihres Volkes. So schreibt Al-Kalqaschandi im Jahr 1412, dass zu seiner Zeit die meisten Kommandeure und Soldaten Tscherkessen seien und dass nur sehr wenige Türken übrig geblieben seien.

Interessant ist bei den tscherkessischen Herrschen die königliche Sukzession: Sie wurde kaum je vom Vater auf seinen leiblichen Sohn vererbt; meistens ging sie vom Herren auf seinen freigelassenen Sklaven, der dann von seinem freigelassenen Sklaven gefolgt wurde. An Militäraktionen ist die Eroberung Zyperns im Jahre 1426 zu erwähnen. Bedroht wurde das tscherkessische Mamlukenreich durch die Osmanen, die zunächst seine Vasallenstaaten in Elbistan, Diyarbakir usw. schluckten und es am Ende auch selbst ganz einverleibten. Ein anderer Feind waren die Safawiden im Iran, und ein dritter die Portugiesen, die zum dieser Zeit im indischen Ozean eine Machtposition erlangten und Domination der Mamluken im Gewürzehandel bedrohten. Im Jahre 1517 erobert der osmanische Sultan Selim der Erste Syrien und Ägypten. Dadurch ging die Herrschaft der tscherkessischen Mamluken zu Ende. Ihre administrativen und militärischen Strukturen wurden aber etwa bis zum achtzehnten Jahrhundert, also auch unter den Osmanen, weitergeführt; auch die Rekrutierung von Tscherkessen aus ihrem Heimatland ging weiter und verschwand dann nach und nach. Mittlerweile waren ja auch die Tscherkessen Muslime geworden und konnten im Prinzip keine Sklaven mehr sein.

Ich danke für die Aufmerksamkeit, die sie diesem Thema geschenkt haben, das aus einer völlig verschiedenen Gesellschaft als der unsrigen kommt.