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Verehrter Kollegen, lieber Freunde,
İch
möchte in diesem Vortrag von einer der spannendsten und
vielleicht auch sonderbarsten Strukturen der Geschichte
sprechen, an der die Tscherkessen teilgehabt und
glorreiche Kapital geschrieben haben. Erste geht um die
tscherkessische Periode des mamlukischen Reiches, das
mehrere Jahrhunderte hindurch in Ägypten in
Syrien und in Palästina regierte. Wie kam es
wohl dazu, dass eine tscherkessische Elite im
vierzehnten und im fünfzehnten Jahrhundert über diese
arabische Gebiete absolute Macht ausübte? Das wollen wir
hier versuchen, kurz zu erzählen.
Der nord-westliche Kaukasus, in dem das tscherkessische
Volk seit Ur-Zeiten wohnte, wurde im frühen dreizehnten
Jahrhundert von den mongolischen Horden überrannt. Das
mongolische Reich, das alles zwischen Peking und Polen
und zwischen Sibirien und dem Persischen Golf umfasste,
zerfiel kurz nach dem Tod von Dschingis Khan in mehrere
Teil-Staaten. Im gesamten ost-europäischen Raum,
in West-Sibirien und im heutigen West-Kasachstan und
insgesamt nördlich des Kaukasus entstand dann das
Reich der Goldenen Horde; südlich des Kaukasus,
im Iran und in Ostanatolien dagegen das damit
verfeindete Reich der Il-Chane. Ebenfalls verfeindet
mit den Ilchaniden, aber verbündet mit der Goldenen
Horde, war dagegen mamlukischen Staat, der sich
im gesamten Osten des Mittelländischen Meeres
zwischen Südost-Anatolien und Ägypten etabliert hatte.
Mamluk heißt auf Arabisch ’Sklave’; im Orient gab es
bis spät in die osmanische Zeit hinein Sklaven-Handel.
Die Ayyubiden-Dynastie, die in Ägypten regierte, bildete
einen großen teil ihres Heeres durch Import
nicht-muslimischer Jungen, wie auch die Abbasiden mit
Hauptstadt in Baghdad ihr Heer seit dem neunten
Jahrhundert hauptsächlich aus nicht-muslimischen Türken
aus Zentral-Asien, und die Osmanen in viel späterer Zeit
ihre Elite-Einheiten aus Kindern aus balkanischen
Familien bildeten. Muslime durften im Prinzip nicht als
Sklaven gehandelt werden. Nach Ägypten gelangten Sklaven
vieler Völker, z.B. Mongolen und Chinesen, Griechen und
Russen, Armenier und Osseten, Lasen und Abaza. Die zwei
größten Sklaven-Gruppen waren die Mitglieder von
türkisch-kiptschakischen Völkern aus Ukraine aus dem
heutigen Süd-Russland oder dem Nord-Kaukasus, und die
Tscherkessen. Die harten und primitiven Bedingungen,
unter denen diese Völker lebten, ihr Heidentum, ihre
körperliche Eignung, ihre Treue und ihr Zielbewusstsein
machten angeblich Türken und Tscherkessen zu den
gefragtesten Soldaten.
Die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen im Raum
zwischen der Ukraine und dem Kaukasus waren zu dieser
Zeit derart, das die Familien oft ihre eigenen Kinder
abgaben, sowohl an Stelle von Steuern als auch weil sie
sie selbst nicht ernähren konnten. Die Mongolen
benutzten ihre Feldzüge hauptsächlich für das Eintreiben
von Sklaven; auch sonst fanden sehr oft Entführungen
zwischen den ethnischen Gruppen statt, weil die Sklaven
große Summen eingebrachten. Das Leben von Mamluk-Sklaven
wurde im Nahen Osten oft viel besser als in ihrem
rückständischen Heimatland, denn die islamische war zu
jener Zeit die fortschrittlichste Gesellschaft der Welt.
Sie gelangten, nachdem sie zu Muslimen erzogen wurden,
in Kasernen, in denen sie auf äußerst spartanische Weise
zu Elite-Soldaten erzogen wurden. Die meisten Mamluken
wurden zu einem gewissen Zeitpunkt freigelassen, und die
begabtesten unter ihnen konnten zu den höchsten Posten
im Reich gelangten; Mamluke zu werden konnte also
eine sehr große Chance sein.
Türkische Militärsklaven wurden nicht nur durch die
Ayyubiden nach Ägypten und die Abbasiden in den Irak
geholt; es gab sie auch in großen Zahlen bei den
Samaniden in Özbekistan, Afghanistan und Ost-Iran und
bei den Guriden in Nord-Indien. In diesen beiden Staaten
ergriffen nun die zentralasiatischen Türken die Macht;
so entstand um das Jahr 1000 der von einer türkischen
Elite regierte Staat der Ghasnaviden und um 1200 das
Sultanat der sognannten Sklaven-Könige von Delhi. In
Ägypten wurden zwischen 1250 und 1260 die Mamluken dadurch
besonders stark, dass sie zuerst die christlichen
Kreuzzügler, dann die schamanistischen Mongolen
des Ilchaniden-Reiches schlugen und dadurch die
gesamte islamische Welt retteten. Wie in den zwei
oben erwähnten Staaten kamen auf diese Weise auch die
nach Ägypten importierten Sklaven an die Macht.
Die ägyptischen Mamluken waren eine Elite, die sich nur
mit kämpferischen Dingen befasste und sich nicht mit der
Lokalbevölkerung mischte; immer neue Mamluken wurden aus
der südosteuropäischen Steppe herbeigeholt und es wurden
auch keine arabischen Frauen geheiratet.
Das mamlukischen Heer war nach ethnischer Zugehörigkeit
in verschiedenen Kasernen organisiert; die
kiptschakischen Türken gehörten zum Regiment der
Bahriyya, die Tscherkessen zum Regiment der Burciyya,
das um 1280 vom Sultan Kala’un gegründet wurde. In den
ersten 130 Jahren des Staates, genau die Hälfte der
mamlukischen Herrschaft, war die kiptschakisch-türkische
Faktion an der Macht. Die verschiedenen Regimente
konkurrierenden nämlich untereinander. Die Tscherkessen
waren von den anderen Mamluken sehr gefürchtet, weil sie
angeblich ambitiös waren und zur Gewalt neigten.
Die Konkurrenz endete zu Gunsten der Tscherkessen, als
im Jahre 1382 der tscherkessische Sultan Barkuk die
Herrschaft erlangte und 17 Jahre lang regierte. Der Kauf
kiptschakischer Sklaven hatte zu dieser Zeit sowieso
schon abgenommen, da die meisten kiptschakischen Türken
schon zum Islam übergetreten waren; auch zerfiel zu
dieser Zeit das Reich der Goldenen Horde, das dadurch zu
einer weniger verlässliche Quelle für die Belieferung
von Sklaven wurde. Nun wurden nur noch tscherkessische
Mamlukenreich erkauft, wodurch diese Elite noch weiter
gestärkt wurde. Die Tscherkessen waren untereinander
sehr solidarisch und vergaben alle Ämter an Mitglieder
ihres Volkes. So schreibt Al-Kalqaschandi im Jahr 1412,
dass zu seiner Zeit die meisten Kommandeure und Soldaten
Tscherkessen seien und dass nur sehr wenige Türken übrig
geblieben seien.
Interessant ist bei den tscherkessischen Herrschen die
königliche Sukzession: Sie wurde kaum je vom Vater auf
seinen leiblichen Sohn vererbt; meistens ging sie vom
Herren auf seinen freigelassenen Sklaven, der dann von
seinem freigelassenen Sklaven gefolgt wurde. An
Militäraktionen ist die Eroberung Zyperns im Jahre 1426
zu erwähnen. Bedroht wurde das tscherkessische
Mamlukenreich durch die Osmanen, die zunächst seine
Vasallenstaaten in Elbistan, Diyarbakir usw. schluckten
und es am Ende auch selbst ganz einverleibten. Ein
anderer Feind waren die Safawiden im Iran, und ein
dritter die Portugiesen, die zum dieser Zeit im
indischen Ozean eine Machtposition erlangten und
Domination der Mamluken im Gewürzehandel bedrohten. Im
Jahre 1517 erobert der osmanische Sultan Selim der Erste
Syrien und Ägypten. Dadurch ging die Herrschaft der
tscherkessischen Mamluken zu Ende. Ihre administrativen
und militärischen Strukturen wurden aber etwa bis zum
achtzehnten Jahrhundert, also auch unter den Osmanen,
weitergeführt; auch die Rekrutierung von Tscherkessen
aus ihrem Heimatland ging weiter und verschwand dann
nach und nach. Mittlerweile waren ja auch die
Tscherkessen Muslime geworden und konnten im Prinzip
keine Sklaven mehr sein.
Ich danke für die Aufmerksamkeit, die sie diesem Thema
geschenkt haben, das aus einer völlig
verschiedenen Gesellschaft als der unsrigen kommt.
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